Visualisierung als Pratyahara Technik für die Meditation

Wir können visualisieren. Sei es, dass wir uns vorstellen, Licht strömt in uns hinein oder, in Indien ist das sehr üblich, dass man zu Anfang der Meditation sich irgendwie vorstellt, dass man in der Nähe von göttlicher Gegenwart ist. Die meisten von euch kennen ja z.B. die Dhyana-Shlokas. Dhyana heißt Meditation und diese Dhyana-Shlokas sind ja Visualisierungen von einem Aspekt Gottes. Auf einer Ebene sind die etwas, um unser Herz zu öffnen. Die Kraft des Mantra wirkt. Auf einer anderen Ebene geben sie aber auch etwas ganz Konkretes. Z.B. „Ya Kundendu“. Wenn man dort die Bedeutung lesen würde, dann steht da, „Ich meditiere über Swaraswati, die auf einem weißen Lotus sitzt, umgeben von Brahma, Vishnu und Shiva. Sie träge eine Girlande aus weißen Blüten, rein wie der Schnee und der Mond. Sie trägt ein weißes Gewand, spielt die Vina. Möge sie mich segnen. Möge sie mich zu einem Zustand jenseits von Trägheit bringen. Möge sie mir Schutz gewähren.“ Und das heißt dann tatsächlich, man kann sich vorstellen, „Vor mir sitzt die Saraswati und sie sitzt auf einem Lotus. Und sie hat eine Hand gehoben und aus ihrer Hand strömt Segen.“ Viele von euch meditieren besonders gut hier. Wenn ihr also zu Hause seid, könnt ihr euch auch vorstellen, dass ihr in eurer Vorstellung in den Sivananda-Saal geht, euch verneigt, die Bilder anschaut, dann euch hinsetzt und die Augen schließt. Manche hatten schon großartige Meditationen irgendwo an einem Meer oder auf einem Berg oder in einem Tempel oder in einer Kirche oder irgendwo sonst. Also, es kann ein realer Ort sein, wo ihr schon mal wart, den man sich in Erinnerung ruft, es kann ein Ort sein, den man sich vorstellt, es kann ein Ort sein, der in Verbindung steht mit einem Aspekt Gottes und der dann auch irgendwo durch das kollektive Unterbewusstsein schon aufgeladen ist, weil viele Menschen damit meditiert haben oder man kann sich vorstellen, man ist in der Gegenwart seines Meisters. Ich mache das relativ häufig, wenn ich mich hinsetze zur Meditation. Ich stelle mir vor, ich bin bei Swami Vishnu in seinem Haus in Kanada. Ich gehe die Treppe nach oben zu seinem Meditationsraum. Swami Vishnu sagt, „Om Namah Shivaya“. Ich öffne die Tür, ich verneige mich. Er schaut mir in die Augen hinein. Dann schließe ich die Augen und dann brauche ich nicht mehr viel zu tun, dann meditiere ich. Oder ein anderer Ort, wo ich sehr gerne immer meditiere, ist im Sivananda-Ashram in Rishikesh, da ist das Gurudev Kutir, wo Swami Sivananda selbst gelebt hat. Da kann ich mir dann auch vorstellen, ich gehe in dieses Gurudev Kutir, da gibt es ein großes Bild, wo Swami Sivananda dort überlebensgroß abgebildet ist. Ich verneige mich dann davor, dann gehe ich in den Raum, da gibt es ein Bett von ihm. Für viele klingt das jetzt vielleicht etwas absurd, aber ich stelle mir vor, er sitzt dort auf diesem Bett und ich lege meinen Kopf auf seine Füße und dann setze ich mich hin zur Meditation und er legt seine Hand auf meinen Kopf und dann schließe ich die Augen und meditiere. Also, eine solche Visualisierung ist für viele Menschen hilfreich, das gehört zu den Pratyahara-Techniken. Und so könnt ihr euch das selbst vorstellen oder, wenn ihr Teilnehmer anleitet, werdet ihr vermutlich eine etwas neutralere Anleitung geben, sei es einfach, „Stell dir vor, dass Licht in dich hineinfließt.“, oder „Werde dir bewusst, du bist an einem besonders heiligen Ort.“, das mache ich ja auch öfters hier, wenn wir hier abends meditieren. Hier braucht man sich eigentlich nichts Großartiges zu visualisieren, hier ist man an einem heiligen Ort. Oder man kann eben sagen, „Überlege, gibt es irgendwie einen Ort, der für dich besonders heilig ist. Entweder, den du kennst oder, den du dir vorstellst.“ Mit der Vorstellung schaffen wir letztlich Wirklichkeit. Im Yoga heißt es ja sogar, es ist sowieso alles nur Vorstellung. Das ist jetzt im Vedanta. Das, was wir uns vorstellen, ist in dem Moment wirklich. Von der Hirnphysiologie wissen wir das, oder ist das bekannt, die Vorstellung, an einem Ort zu sein, gibt die gleichen Hirnwellen und Hirnaktivierungen, wie wenn man tatsächlich da ist. Gut, durch den Körper gehen, ist im Buddhismus eine verbreitete Form von Pratyaharatechnik, auch in der Sakshi-Bav-Technik im Yoga, ist das auch eine verbreitete Technik. Man geht von unten nach oben oder in irgendeiner anderen Reihenfolge so hindurch und dies bewirkt, dass das gegenständliche Denken wegkommt, dass das etwas erreichen wollende Denken wegkommt, man kommt in das annehmende Denken der Gegenwart.
– Fortsetzung folgt –
46 . Teil einer Vortragsreihe Sukadev Bretz über Meditation. Niederschrift von Mitschnitten aus einer Meditation Kursleiter Ausbildung bei Yoga Vidya Bad Meinberg.