Ahimsa mit sich selbst: Umgang mit Ärger

Nicht, dass ihr mich falsch versteht, Ahimsa gehört zu den notwendigen Eigenschaften eines Yogis. Aber wenn wir den Wunsch haben, das zu tun, dann ist das zunächst mal nichts Schlechtes. Es zeigt einfach, da ist ein Teil in uns, der hat irgendwo gemerkt, da ist vielleicht etwas nicht ganz in Ordnung und der gibt uns also eine Information, „Da müsste ich irgendwas tun.“ Und das, was zu tun ist, kann ja heißen, dass ich mal mit dem Menschen spreche, es kann heißen, dass ich irgendwo mal was anderes ausmache, es kann heißen, dass man auch mal etwas vehementer für seine Sachen eintritt und es kann heißen, dass man weiß, „Aha, Pitta ist wieder übersteuert. Es ist nicht die Schuld des anderen Menschen, es ist nicht meine eigene Schuld, sondern ein Teil meines Geistes will mir mit diesem wunderbaren Phantasiebild nur sagen, Pitta reduzieren, mehr Rohkost essen, noch ein Glas Wasser trinken, Tiefenentspannung, Schlaf wieder etwas erhöhen und den freien Tag nehmen.“ Als Beispiel. Ich muss allerdings zugeben – nicht, dass ihr jetzt falsche Vorstellungen von mir habt – auch wenn ich wahrscheinlich als Pitta klassifiziert werde, ich habe diese Phantasien nicht. Ich habe andere, die ich euch nicht erzählen werde. Keine schlimmen. Oder es gibt Menschen, die haben z.B. Selbstmordphantasien. Wahrscheinlich unter spirituellen Aspiranten häufiger als die Mordphantasien. Ist das was Schlechtes? Sich selbst umzubringen ist etwas Schlechtes. Das sollte man nicht tun. Wir haben unser Karma und es ist besser, wir arbeiten das in diesem Leben ab, als, wir müssen im nächsten Leben noch mal mit der gleichen Schwierigkeit von vorne anfangen. Warum will man sich das antun? Also besser, man arbeitet daran. Aber solche Gedanken zu haben, ist erstmal auch nichts Schlechtes. Ich nehme jetzt extra extreme Beispiele, das hilft euch vielleicht bei anderen. Wenn man diese Phantasien hat und es gibt manche Menschen, die malen die sich immer wunderbar aus. Und dann kann man sagen, „Aha, was heißt das? Vielleicht heißt es einfach, ich brauche ein bisschen Ruhe.“ Und wenn man das so ein bisschen überlegt, „Wann kommen diese Phantasien hoch? Was haben die gemeinsam?“, dann kriegt man vielleicht eine Information und dankt, „Liebes Unterbewusstsein, ich danke dir, dass du mir diese Phantasien gibst. Andere Menschen werden krank. Ich habe diese wunderbaren oder diese komischen Phantasien und kann dann gegensteuern.“ Ist doch besser, als wenn man erst gegensteuert, wenn irgendwo ein Hexenschuss eingetreten ist. Nicht jeder Hexenschuss hat diese Gründe, aber es gibt solche Möglichkeiten. Vielleicht merkt man sogar, dass bestimmte Phantasien immer vor einem Hexenschuss eintreten. Dann kann man ja überlegen, „Aha, wenn die Phantasien kommen, anstatt dass ich dann mich niedermache und sage, „Wieso bin ich so ein schlechter Yogi?“, bin ich dankbar, da kommt diese Information.“ Oder auch, manche Menschen ärgern sich darüber, dass sie sich über sich selbst ärgern. Es ist auch nicht schlecht, wenn man sich über sich selbst ärgert. Warum ist das nicht schlecht? So wachsen wir. Angenommen, wir wären so selbstzufrieden und selbstverliebt und würden in jedem Moment denken, „Aha, ich mache nur Gutes. Ich bin genau der richtige Mensch am richtigen Platz. Meine Eigenschaften sind jederzeit genau die richtigen.“ Wünschenswert oder nicht wünschenswert? Man könnte sagen, als Selbstverwirklichter werden wir wahrscheinlich so sein, nur wir werden nicht mehr sagen, „Oh, wie toll bin ich.“ sondern „Es geschieht.“ Ansonsten können wir dankbar sein, dass wir uns manchmal über uns selbst ärgern und ein bisschen unzufrieden mit uns selbst sind. Das ist wie so ein kleiner innerer Antreiber, um an uns zu arbeiten. Das heißt aber nicht, dass wir dem immer folgen müssen. Wir können dem ja auch sagen, „Ja, danke, dass du gesagt hast, ich sollte mich mehr anstrengen. Weißt du, heute ist es genug.“

– Fortsetzung dieser Meditation Vorträgsreihe folgt in ein paar Tagen-
94. Folge der Niederschrift von Mitschnitten einer Meditation Kursleiter Ausbildung bei Yoga Vidya Bad Meinberg. Mit  Sukadev Bretz, Gründer und Leiter von Yoga Vidya..