Und dann, der letzte Ausdruck, den will ich am kürzesten behandeln, weil man wenig darüber sagen kann, ist Kripa und Kripa heißt Gnade. Es drückt etwas aus, was jeder erfährt, der schon tiefe Meditationserfahrungen gehabt hat. Wenn eine tiefe Meditationserfahrung kommt, Dhyana oder die niederen Samadhistufen und noch mehr die höheren Samadhistufen, dann erfahren wir das immer als Gnade. Ich habe noch nie jemanden gehabt, der zu mir gegangen ist, „Gestern habe ich die Erfahrung der Einheit gehabt. Ich habe es aber auch hart erarbeitet und wirklich verdient.“ Die Heiligkeit der Erfahrung ist so, dass wir einfach nur in Demut und dankbar sind für diese Gnadenerfahrung. Und wir können es auch nicht erzwingen. Hier widerspreche ich etwas dem Swami Vivekananda. Wer sein Buch „Raja Yoga“ kennt, dort steht irgendwo, Yoga sei etwas ganz Wissenschaftliches. Genaue Techniken, die man auf eine bestimmte Weise macht und es führt zu klaren, vorhersehbaren Resultaten. Stimmt nicht ganz. Es stimmt insofern, es führt schon zu Resultaten, aber wann und wie lange es dauert, bis man welche Erfahrung macht, ist wieder anders. Und letztlich, so hat es Vivekananda auch nicht gemeint. Aber er wollte eben auch sagen, Spiritualität, insbesondere Yoga, ist keine Glaubenssache, wir glauben daran oder nicht. Yoga ist eine Praxissache und damit ist es etwas Wissenschaftliches, im Sinne von, die Naturwissenschaftler machen Experimente und dann kommen dort bestimmte Resultate. In der Naturwissenschaft sind dort klare, vorhersehbare Ergebnisse, aber das stimmt schon nicht bei aller Naturwissenschaft. Z.B. in der Medizin stimmt es nicht so genau. Man kann nicht sagen, wenn jemand Kopfweh hat, führt die Tablette hundertprozentig dazu, dass alle Kopfweh verschwinden. Man kann nur sagen, höchstwahrscheinlich werden fünfzig Prozent in der und der Zeit usw. und zehn Prozent werden statt Linderung ihre Kopfschmerzen Übelkeit erfahren. Gut, wenn es zehn Prozent wären, würde die Tablette vom Markt genommen werden, es sei denn, es wäre ein Medikament, das außergewöhnlich gute Wirkungen bei einer außergewöhnlich lebensbedrohenden Krankheit hätte. Daher Kripa, Gnade. Und so gilt es, mit großem Enthusiasmus, Hingabe, über einen langen Zeitraum, ohne Unterbrechung, zu üben, wie es Patanjali beschreibt. Es gilt, die Lektionen des Alltags bewusst anzunehmen und das Leben zu gestalten und es gilt, offen zu sein für die Segens- und die Gnadenserfahrungen, die kommen.
– Fortsetzung folgt –
8. Teil der Vortragsreihe über Meditation von Sukadev Bretz aus Yoga Vidya Bad Meinberg. Niederschrift von Mitschnitten aus einer Meditation Kursleiter Ausbildung.