Wiederholung: Meditation Hindernisse

Ich will heute Abend zunächst etwas nachtragen von heute Morgen und insbesondere sprechen über weitere Hinderniserfahrungen in der Meditation. Besonders möchte ich dort eingehen nochmals auf Überwindung von Schläfrigkeit und Unruhe, Zerstreutheit des Geistes. Und danach möchte ich weiter eingehen auf die letzten Stunden eines Meditationskurses.
Ihr erinnert euch, die Haupthinderniserfahrungen waren erstmal die körperlichen Hinderniserfahrungen, das Sitzen, und dann das nächste ist die geistige Hinderniserfahrung, die aber auch körperliche Gründe haben kann, und dazu gehört dann insbesondere die Schläfrigkeit des Geistes und die Unruhe des Geistes. Bei Schläfrigkeit sollte man zuerst gucken, ob es körperliche, gesundheitsmäßige Gründe gibt. Dann eine nächste Sache ist, die eigene Motivation überprüfen und schauen, ob man vielleicht sich noch mal bewusst machen kann, „Warum meditiere ich überhaupt?“ Zwar wirkt Meditation, selbst wenn man nichts davon merkt direkt. Und zwar ist es so, dass Meditation viele positive Dinge bewirkt, auch wenn wir nicht zum Überbewusstsein hinkommen wollen. Aber in der Meditation wollen wir ja tatsächlich höhere Bewusstseinsebenen erfahren und wir können es ja auch. Es ist ja nicht etwas, wo wir nur hoffen, dass, wenn wir ausreichend leben, ausreichend brav waren, dass wir dann die Erlösung erreichen. Wir wollen noch nicht mal warten, bis wir tot sind, sondern wir wollen noch in diesem Leben diese Erfahrung der Einheit machen. So wie Jesus sagt, „Das Königreich Gottes ist inwendig in euch.“ oder eine modernere Übersetzung passt da fast noch besser, „Das Königreich Gottes ist mitten unter euch.“ Wir können es jetzt erfahren. Auf eine gewisse Weise sind wir wie ein Verdurstender, der in einem See steht, mit dem köstlichsten Wasser und sich beschwert, „Ach, ich verdurste.“ Und so beschweren wir und darüber, „Es ist irgendwie nicht genügend Freude da.“ usw. Aber sie ist eigentlich jetzt da. Wir können es erfahren, wir können es genießen, im Hier und Jetzt. Und um dort hinzukommen, dazu will uns die Meditation helfen. Wenn wir uns dessen bewusst sind, dann fällt es uns leichter, konzentriert zu sein. Dann können wir noch weiter daran arbeiten, indem wir darauf achten, „Was machen wir vor der Meditation? Was könnten wir ändern?“, vielleicht Pranayama, ein paar Runden Kapalabhati, vielleicht ein paar zügige Runden Sonnengebet, vielleicht eine Tiefenentspannung, weil wir vielleicht abends meditieren, nachdem wir einen anstrengenden Tag hatten. Und vielleicht sind ein paar Minuten liegende Tiefenentspannung o.k., auch wenn sie dann in einem kurzen Nickerchen endet. Dann sollte man seinen Timer, Stoppuhr stellen, entweder die geistige Stoppuhr oder die kleine Stoppuhr im Wecker. Dann könnten wir natürlich auch Mantras singen. Wir könnten einfach nur den Schulterstand machen, der ist manchmal ausreichend regenerierend usw. Dann können wir auch überlegen, wenn wir in die Meditation hineingehen, wir können an unserer Asana arbeiten, vielleicht sie etwas unbequemer machen, hilft oft. Wir können den Atem in der Meditation beeinflussen. Wir können die Pratyahara-Techniken bewusster machen, um den Geist zu erheben. All das haben wir heute Morgen besprochen.
– Fortsetzung dieser Meditation Vorträgsreihe folgt in ein paar Tagen-
78. Folge der Mitschnitte einer Meditation Kursleiter Ausbildung bei Yoga Vidya Bad Meinberg. Mit  Sukadev Bretz, Gründer und Leiter von Yoga Vidya..

 

Pratyahara

PratyaharaPratyahara ist der Rückzug der Sinne. Pratyahara heißt, deinen Geist nach innen zu richten. Pratyahara ist auch eine Fähigkeit: Pratyahara ist die Fähigkeit, sich von den Sinnen zu lösen und den Geist nach innen zu richten. In einem weiteren Sinn ist Pratyahara auch die Fähigkeit, seinen Geist auf etwas zu konzentrieren und dabei nicht abgelenkt zu werden von äußeren Sinneseindrücken.

Formen von Pratyahara

Pratyahara gibt es in mehreren Ausprägungen:

  • In der Meditation heißt Pratyahara, nicht abgelenkt zu werden von äußeren Sinneseindrücken. Wenn es dir nichts ausmacht, wenn es während der Meditation wärmer oder kälter wird, wenn es Geräusche gibt, wenn Gerüche kommen, dann hast du ein gutes Pratyahara in der Meditation
  • Für die Meditation hat Pratyahara auch noch eine andere Bedeutung: Die Techniken, die du nach dem Einnehmen der Sitzhaltung (Asana), tiefer Atmung (Pranayama) machst, um den Geist in eine meditative Stimmung zu versetzen und den Alltag zu vergessen, heißen Pratyahara. Pratyahara Techniken können sein: Gebet, Affirmation, Visualisierung, durch den Körper gehen (Bodyscan), Einstellung eines Beobachters (Achtsamkeit, Vipassana), Rezitation von inspirierenden Versen oder diverse Entspannungstechniken. Jeder der meditiert, sollte verschiedene Pratyahara Techniken ausprobieren, die er zu Beginn der Meditation einsetzt. Wenn du Pratyahara gut einsetzt, kommst du in einen meditativen Zustand. Dann geschieht danach Dharana, die Konzentration, relativ einfach. Viele Menschen machen den Fehler, gleich mit ihrer Hauptmeditationstechnik zu beginnen, nachdem sie sich hingesetzt haben, und überspringen Pranayama und Pratyahara. Empfehlenswert ist dieser Vierer-Schritt: Setze dich ruhig hin. Dann atme ein paar Mal tief ein und aus. Dann übe eine Pratyahara Technik, bis dein Geist in meditative Stimmung gelangt ist. Dann erst gehe in Dharana, nutze die Hauptmeditationstechnik.
  • Im Alltag heißt Pratyahara die Fähigkeit, nicht von äußeren Sinneseindrücken abgelenkt zu werden. Wenn du in der Lage bist ein Buch zu lesen, ohne von anderem abgelenkt zu werden, oder wenn du bei deiner Arbeit dich von allem anderen lösen kannst, hast du Pratyahara im Alltag. Jeder Mensch hat ein gewisses Pratyahara, insbesondere bei dem , was ihn interessiert. Wenn du dich auf alles oder fast alles konzentrieren kannst, ohne abgelenkt zu werden, insbesondere dann, wenn du das willst, hast du ein sehr starkes Pratyahara
  • Es gibt auch Übungen im Pratyahara: Auf gewisse Weise kann man sagen, dass Tiefenentspannung, Shavasana, Yoga Nidra, eine Form von Pratyahara Praxis ist. Verschiedene Achtsamkeitstechniken kann man auch als Pratyahara Techniken bezeichnen

Warum Pratyahara?

Pratyahara vor der MeditationPratyahara ist eine Fähigkeit des Geistes. Wer Pratyahara beherrscht, kann auch Konzentration (Dharana) üben. Wer Pratyahara beherrscht, kann sich lösen von äußeren Reiz-Reaktions-Ketten. Gutes Pratyahara fördert die Fähigkeit zur Gelassenheit. Durch Pratyahara kannst du Freude erfahren, wann immer du willst. Letztlich ist es würdelos, sein Glück von dem abhängig zu machen, was nicht unter deiner Kontrolle ist. Das ist die große Aussage der Stoiker. Wenn du Pratyahara beherrschst, kannst du deinen Geist von allem Störenden abziehen – und deinen Geist auf das richten, was wirklich wichtig ist.

Wer Pratyahara übt, kann erfolgreich sein: Es sind die Menschen, die sich ganz auf eine Sache konzentrieren können, die Erfolg haben. Wer seine Umwelt vergessen kann, wenn er etwas erreichen will, bekommt Zugang zur Intuition und Zugang zur inneren Kraft.

Letztlich ist Pratyahara Vorbedingung, um die Höchsten Bewusstseinsebenen, Samadhi, zu erreichen.

Video über Yoga Mudrasana

Hier ein Video über eine fortgeschrittene Hatha Yoga Praxis, die auch als Pratyahara Übung gilt, als Technik, um den Geist nach innen zu richten:

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Vortrag von Sukadev über Pratyahara

In diesem Teil des Meditation-Tipps-Blogs werden ja Vorträge von Sukadev veröffentlicht. Sukadev hat im Rahmen einer Meditationskursleiter Ausbildung über die verschiedenen Aspekte der Meditation gesprochen. Diese Vorträge wurden aufgezeichnet und dann niedergeschrieben. Hier also die unbearbeitete Niederschrift eines Vortrags von Sukadev zum Thema Pratyahara:

Dann folgt als nächstes Pratyahara, die fünfte Stufe des Ashtanga-Yoga. Und jetzt auf die Meditation angewandt ist Pratyahara etwas, was man tut, um den Geist vom gegenständlichen, vergleichenden, analysierenden, nach außen richtenden, egoistisch orientierten, ich-zentrierten Normalbewusstseinszustand – oder vielleicht nicht Normalbewusstseinszustand, aber diesen Zustand – in einen ausgedehnten, verbindenden, liebevollen, erhebenden, offenen, weiten Gemütszustand zu bringen. Dazu hilft natürlich schon Yama, Niyama, Asana und Pranayama, aber wir können auch dafür etwas bewusst tun. Zu Pratyahara gehört z.B. Affirmation oder auch bewusst werden, „Warum meditieren ich überhaupt?“. Zu Pratyahara würde auch Gebet gehören, Gedanken des Wohlwollens oder Segenswünsche, dazu können verschiedene Visualisierungen gehören, dazu kann gehören, durch den Körper durchgehen und es gibt noch andere Techniken in verschiedenen Traditionen. Es ist also letztlich das, was wir machen, ehe wir in die eigentliche Meditationstechnik gehen. Und manche Meditationstechniken sind natürlich so, dass das Pratyahara praktisch auch zum Dharana wird, aber manchmal ist das Pratyahara erst und das Dharana ist dann eine andere Technik. Also, wir können eine Affirmation wiederholen, wie z.B. „Ich entwickle Geduld.“ oder „Ich will mein Herz öffnen.“ Wir können es als Gebet formulieren, „Möge mein Herz sich öffnen. Ich bitte darum, Gottesnähe zu erfahren. Lieber Gott, bitte lass mich dich spüren. Bitte wirke durch mich hindurch.“ Wir können natürlich auch sagen, „Ich verbinde mich mit kosmischer Energie. Ich bitte um geistige Führung.“, was auch immer einem geeignet erscheint dafür. Man kann aber auch sagen, warum. „Ich meditiere, um meinen Geist zur Ruhe zu bringen.“ oder „Ich will meditieren, um mich vorzubereiten auf die Erfahrung des Überbewusstseins.“ Nicht jetzt im Sinne von, „Ich muss jetzt heute Samadhi erreichen.“, obgleich auch das möglich sein könnte. Patanjali sagt ja im Yoga Sutra, „Die Verwirklichung kommt schnell, wenn der Wunsch danach intensiv ist.“ Danach, im 4. Kapitel, sagt er dann, „Dharma-Megha-Samadhi kommt, wenn der Wunsch danach aufgegeben wird.“ Also, nicht nur normaler Samadhi, nicht nur Megha-Samadhi, sondern Dharma-Megha-Samadhi. Und das heißt, als erstes muss der Wunsch stark sein, der hebt uns aus Kshipta, Mudha. Darüber werden wir ein anderes Mal sprechen, morgen insbesondere, wenn wir über die Reinigungs- und Hinderniserfahrungen sprechen, morgen oder übermorgen. Pratyahara hilft, darüber hinaus zu kommen und über auch von Dharana zu kommen, vielleicht sogar bis Dhyana, danach muss aber Losgelassenheit kommen und dann fällt man in Samadhi. Aber zunächst mal kann dieser Wunsch sein und die Bewusstheit, „Warum meditiere ich überhaupt?“ einem helfen. Und manchmal, wenn Menschen irgendwie merken, in der Meditation kommen sie nicht voran, hilft es, noch mal ein Buch zu lesen über Meditation, das inspiriert nämlich. Dann weiß man wieder, „Warum hocke ich mich da eigentlich jeden Morgen hin.“ Und wenn dann diese Motivation da ist, dann geht es wieder leichter. Oder eben Gedanken des Wohlwollens, „Mögen alles Wesen glücklich sein. Mögen alle Wesen Frieden erfahren.“ oder auch, „Möge meine Meditation die Schwingung des Friedens auf der Erde ein klein wenig verstärken.“ Wir gehen ja im Yoga davon aus – oder wir bilden uns das ein, je nachdem, von welchem Standpunkt – dass Gedanken des Friedens nicht nur für uns selbst gut sind, sondern Gedanken des Friedens auch die Gedankenatmosphäre, die Akashawelt, mit positiv beeinflussen. Und unsere optimistische Einbildung oder Vorstellung, meine feste Überzeugung ist, dass, wenn ausreichend Menschen friedvolle Gedanken in die Atmosphäre schicken, dass dies ein Energiefeld, ein Gedankenfeld, ein morphogenetisches Muster von Frieden aussendet, dass das alle Menschen beeinflusst, einschließlich der Politiker, der Wirtschaftsbosse und allen möglichen anderen und die, bewusst oder unbewusst, zu friedvolleren Menschen werden. Und unabhängig davon, ob es dem wirklich so ist, die Vorstellung hilft, uns in einen meditativen Gemütszustand hineinzubringen.
– Fortsetzung folgt –
45 . Teil einer Vortragsreihe Sukadev Bretz über Meditation. Niederschrift von Mitschnitten aus einer Meditation Kursleiter Ausbildung bei Yoga Vidya Bad Meinberg.